Photo © John McDermott
Seit jeher haben Filme die Fotografie des Fotografen John McDermott beeinflusst. Er hat schon immer die Beleuchtung und effektvolle Lichtsetzung in Filmen bewundert und viel Input und Lehren daraus gezogen und dann in seiner Fotografie angewendet.
„Ein Film – ein Kinofilm – ist nur eine Serie von aufeinanderfolgenden Standbildern, die mit 24 Bildern pro Sekunde projiziert werden. Aber ein einzelnes Still Bild kann auch ein Film für sich sein, wenn es eine Geschichte erzählt.“ – John McDermott
Beim Geschichten erzählen im Film geht es nicht nur darum, die Handlung festzuhalten. Es geht auch darum, WIE die Bilder aufgenommen werden. Und das wird als Kinematografie bezeichnet.
Der Herr der Bilder im Film
„Wie beschreibt man den Job eines Cinematographers? Nun, es ist nur das Erzählen von Geschichten mit Bildern, würde ich sagen“, erklärt Roger Deakins
Sir Roger Deakins ist ein Cinematographer, dessen Hintergrund in und Wertschätzung für Still-Fotografie und Beleuchtung als roter Faden durch all seine Filme zu erkennen ist. Mehr als jeder andere Cinematographer, der heute arbeitet, vermittelt Deakins Arbeit ein Verständnis für die Auswirkungen der digitalen Technologie und der andauernden Zusammenführung von Still- und Filmfotografietechniken und Bildsprache.
Ein Cinematographer, auch Director of Photography genannt, ist für die Kamera und das Lichtteam verantwortlich. Er ist die Person, die für das Aussehen, die Farbe, die Beleuchtung und den Bildausschnitt jeder einzelnen Einstellung in einem Film verantwortlich ist. Der Regisseur und der Cinematographer des Films arbeiten eng zusammen, da die Hauptaufgabe eines Cinematographer darin besteht, sicherzustellen, dass seine Entscheidungen die Gesamtvision des Regisseurs für den Film verwirklichen.
Filmreife Szenen in der Fotografie
Die Location der SommerAkademie (25.-29. August 2021) an der Südtiroler Weinstraße, im und um den 13. Jahrhundert Ansitz auf einem Weingut bietet viele Möglichkeiten, filmreife Kulissen zur Kreation von Bildern zu nutzen. John McDermott wird dort in seinem Fotoworkshop zu Cinematic style of Photography mit Modellen ausgewählte Filmszenen aus bekannten Filmen nachstellen, an denen die Teilnehmer üben können, im kinematografischen Stil zu fotografieren
John hat sich in letzter Zeit wieder ganz intensiv mit „Cinematic Style“ in der Fotografie befasst und versucht zu verstehen, was es bedeutet und wie man diesen Stil erreicht. Dazu beschreibt er:
Der filmische Stil, der in der Kunst des Filmemachens und des visuellen Geschichtenerzählens – einschließlich der Still-Fotografie – verwendet wird, bezieht sich im Allgemeinen auf die Zusammensetzung, Farbe, Art des Films, Kamera- und Objektivauswahl, Bildausschnitt und Perspektive, Ort, Garderobe, Haare und Make-up, Filter, Bearbeitung, Effekte und Musik. Cinematic oder filmische Stil bezieht sich auf eine Art und Weise des Filmens und Bearbeitens, um beim Betrachter ein bestimmtes Gefühl zu erzeugen. Am Ende kommt es im Wesentlichen auf die Geschichte an, die wir erzählen möchten und wie wir sie erzählen möchten, wie sie aussehen soll und was der Betrachter fühlen soll.
Das Bild sollte wie ein Lebensaugenblick aussehen, ein wahrer Augenblick, der in einem Bruchteil des Moments festgehalten wurde. Ich versuche mich jeden Tag zu verbessern und Neues zu lernen, sagt John. Es macht mir Spaß und ich habe das Glück, Freunde und Nachbarn zu haben, die bereit sind, sich für meine visuellen Experimente zur Verfügung zu stellen.
Eine Aneinanderreihung von Bildern
Ein Film erzählt dem Betrachter eine Geschichte und besteht aus der Abfolge von einzelnen Szenen. Man könnte es auch eine Aneinanderreihung von einzelnen Bildern sehen. Fotos können kinematografisch kreiert werden und durch ein Bild oder eine kurze Serie von Bildern kann eine Geschichte entstehen.
Die beiden Welten Fotografie und Filmproduktion rücken dank digitaler Technologie und moderner Beleuchtungstechniken in ihren Ansätzen zur Herstellung unvergesslicher Bilder immer näher zusammen.
Situatives Bewusstsein und Beobachten
Der Cinematographer Dariusz Wolski (arbeitete häufig mit bekannten Filmregisseuren) beschreibt: „Die Leute in unserem Arbeitsmetier sprechen von «das ist stilisiert» oder «das ist dokumentarisch und realistisch». Nein, ich nenne es «gut beobachtete Realität». Wenn wir uns die größten Fotografen anschauen stellen wir fest, dass sie, egal wo sie sich in der Welt bewegen, einen genialen Blick haben. Sie schaffen es, in einem einzigen Bild eine beeindruckende Kombination aus Licht, Komposition und Drama einzufangen. Wir als Cinematographer müssen doppelt so hart arbeiten, um das nachzumachen. Aber wir müssen immer die Einfachheit dieses einen Augenblicks im Hinterkopf behalten. Genau das ist das Ausschlaggebende!”
24 Bildern pro Sekunde durch eine Glühbirne
Wenn man sich die Arbeiten von Sir Roger Deakins und anderen Cinematographers (wie Gordon Willis, Vittorio Storaro, Janusz Kaminski) und Fotografen/Filmemachern wie Stanley Kubrick und Wim Wenders anschaut, können Fotografen die sich ständig weiter entwickelnde Art der filmischen Sichtweise besser verstehen und die Erkenntnisse nutzen, um sie in die eigene Arbeit einfließen zu lassen.
Einige der Filme von Roger Deakins sind: Sid and Nancy, The Hurricane, The Shawshank Redemption, The Big Lebowski, A Beautiful Mind, Fargo, No Country for Old Men, Kundun, Skyfall, The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford, True Grit, Sicario, Unbroken, Blade Runner 2049, Jarhead, 1917.
„Jeder denkt, wenn man etwas filmt, nimmt man Bewegung auf. Du zeichnest keine Bewegung auf. Du nimmst nur eine Reihe von Still-Bildern auf. Es gibt überhaupt keine Bewegung in den Filmen. Sie sind Standbilder. Still-Bilder. Aber wenn diese mit 24 Bildern pro Sekunde durch eine Glühbirne gezeigt wird, erzeugt das die Illusion von Bewegung. Wenn du also einen Film schaust, siehst du eine Illusion.“ – Quentin Tarantino
Lernen vom Film und Cinematographers
John McDermott schaut sich gerne die Arbeiten der Cinematographers von den Filmen an, die er mag. Und erklärt dazu: Da schaue ich auf Standort, Objektivwahl, „framing“, Farbe, Garderobe, Aktion und Geste. Dann geht es weiter in die Postproduktion, Film “looks”, Feinabstimmung von Tonalität und Farbe für Effekt usw. YouTube ist da schon eine fantastische Quelle, um entsprechende Filmszenen zu studieren.
Mein Favorit ist Roger Deakins und es gibt sehr viel Material über ihn. Einige andere, deren Werke interessant sind, anzuschauen sind: Hoyte von Hoytema, Earnest Dickerson, Rachel Morrison, Freddie Young, Conrad Hall, Dick Pope, Vittorio Storaro, Gordon Willis, Janusz Kaminski, Emanuel Lubezski, Hagen Bogdanski.
Licht in Fotografie und Film
Ob Fotograf oder Filmemacher, musst du Licht besser verstehen, wie man es erzeugt und wie man es verwendet. Werde ein alltäglicher „Lichtbeobachter“, wie der junge amerikanische Filmemacher Jared Fadel:
„Es geht darum zu verstehen, was die Kamera sieht und wie man großartiges, überzeugendes Licht erzeugt. Objektive und Kamera können die Ästhetik eines Projekts variieren und das ist viel einfacher zu erreichen. Du kannst allerdings nicht einfach ein Licht aufsetzen und auf der Stelle Ergebnisse erzeugen, wie das mit einem Objektiv möglich ist. Du musst das Licht gestalten und so formen, dass es für die Geschichte passend ist.
Das Wichtigste für mich war, immer besser zu verstehen, wie man fantastisches, natürlich aussehendes Licht erzeugt. Mein Hobby ist es, jeden Tag Licht zu beobachten. Es ist immer und überall in verschiedenen Qualitäten präsent. Ich beobachte meine Umgebung, mache manchmal Bilder und dokumentiere sie in einer Mappe, kategorisiere sie. Auf diese Weise kann ich dieses Licht quasi wieder herstellen, wenn ich es für eine Projektidee brauche.“ (Hier ist ein Beispiel von einem kurzen Werbeprojekt von Jared Fadel: https://vimeo.com/176707903)
„Ein menschliches Gesicht zu beleuchten, um einem Publikum etwas auszudrücken, ist das Schwierigste. Du wirst weder von mir noch von irgendjemand anderem lernen. Und wenn es dich nicht reizt, wenn du nicht den Drang hast, in der realen Welt mit einer Kamera herumzulaufen und ins Licht zu schauen, dann gibt es meiner Meinung nach nicht viel Hoffnung.”- Sir Roger Deakins
Join the conversation