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Die Kamera als Kommunikationsmittel in Zeiten digitaler Entfremdung

by Claudia Brose

Wir glauben, dass wir untereinander so prima connected sind, weil wir uns permanent über Soziale Media Kanäle online austauschen und mit unseren sogenannten Freunden verbinden. Einige von diesen Freunden sind tatsächliche Freunde, die nah oder weit weg von uns leben. Andere sind digitale Verbindungen mit Menschen, die wir kaum kennen oder uns nur online mit austauschen. Ich bin dankbar für die Existenz der Sozialen Medien und digitaler Kommunikationskanäle, da sie mir die Möglichkeit eröffnen, mich mit Freunden in aller Welt ganz einfach zu verbinden und auszutauschen. Ob durch Fotos oder Text. Ob mit Familie, Freunden oder Kollegen. Aber, gleichzeitig sind wir auch „disconnected“, abgekoppelt und nicht wirklich verbunden. Die digitalen Kommunikationsmedien ermöglichen uns, eine tatsächliche Konversation mit Menschen in unserem Leben zu vermeiden und uns nur über Fotos und geschrieben Worte digital auszutauschen. Sehr praktisch, oder?

Kamera als Schutzschild

Die Kamera gibt uns zwei Möglichkeiten. Sie kann uns dazu dienen, Menschen oder das Leben einzufangen, dabei aber einen Abstand zwischen der Welt, dem Straßenleben und uns zu kreieren. Wie beobachten das Straßenleben und die Menschen, halten Momente mit der Kamera fest, ohne mit der Szene, den Menschen zu interagieren. Wie Henri Cartier Bresson in seiner Streetphotography. Ein Beobachter, im sicheren Abstand hinter seiner Kamera, hält er das Leben fest, das wir heute noch auf seinen berühmten schwarz-weiß Bildern bewundern.

Oft könenn wir Touristen überall auf der Welt beobachten, wie sie nicht wirklich mit dem Ort, den sie besuchen, connecten sondern ihn nur durch ihre Kamera wahrnehmen. Disconnected, ohne einen bekannten Ort mit den eigenen Augen zu sehen oder sich dafür zu interessieren (so scheint es), wird die Kamera zum digitalen Aufnahmegerät. So brauchen sie sich nicht wirklich mit dem Erlebnis auseinandersetzen und können doch den Freunden, Familie und Kollegen zeigen, dass sie dort gewesen sind, wo alle hinwollen.

Kamera als Verbindungskabel

Genauso wie das Fotografieren einen „Abstand“ zwischen sich und der Welt darstellen kann, ist sie auf der anderen Seite ein wunderbares Mittel, eine Barriere aufzulösen und mit Menschen in Kontakt zu treten und durch das Bild eine Verbindung herzustellen. Ob es auf der Straße, an fremden Orten oder bei Portraitfotografie ist. Oder bei Touristen-Schnappschüssen („Können Sie mal gerade ein Foto von uns vor der Golden Gate Bridge machen? Danke!“). Ein Eisbrecher, um Gespräche zu initiieren. Wenn wir Fotos einer Person, die uns aufgefallen ist, machen (und die wir vorher gefragt haben), freut sich auch die Person auf dem Bild über die Zusendung des Bildes per Email – und schon wieder ist eine Verbindung entstanden in einer disconnected world.

 

Heute hat fast jeder ein Smartphone in der Tasche und „wir sind alle Fotografen“. Das können wir verfluchen, von der Bilderflut genervt sein und uns hinter der Distanz, die die Smartphones kreieren können, verstecken. Oder, wir können die Kamerafunktion der Smartphones oder eine tatsächliche Kamera dazu nutzen, wieder etwas mehr Kommunikation und Interaktion zu unseren Mitmenschen zu initiieren.


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Claudia Brose ist Co-Founder und Inhaber der IF/Academy InspirationFotografie. www.if-academy.net


photo © Brigitta Schneiter on Unsplash

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