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Sechs Gründe für Streetphotography

by Claudia Brose
photo © Bernd Beykirch
Text Claudia Brose

 

6 Gründe, warum Street Photography so bereichernd sein kann

Warum ist Street Photography ein interessantes Phänomen? Viele enthusiastische Fotografen in den Straßen, Städten und Orten dieser Welt haben das Bedürfnis, Menschen und die Gesellschaft um uns herum fotografisch zu entdecken und festzuhalten. Wir beobachten das Leben und möchten die Menschen, die Umstände, das Leben verstehen. Und wir möchten uns selbst verstehen.

Dein Spielplatz – egal wo du bist

Eine lebendige, pulsierende Stadt bietet viele Möglichkeiten, sie ist wie eine große Leinwand, die mit bunten Farben und unendlichen Szenen bemalt ist. „Selbst mit verbundenen Augen könnten wir gute Bilder machen“, findet Sir Don McCullin.

Und wenn wir uns darauf konzentrieren, nicht einfach Menschen zu fotografieren, sondern ihre Aktionen und das Leben, was die Menschen transportieren, kreieren wir Bilder, die bewegen, die erzählen. Und Leben stellen wir dar, indem wir zeigen, was es macht. Was macht das Leben mit dem Menschen, dem Arbeiter auf der Straße, dem Hund an der Kette, der Kleidung an der Person, dem Blick, der Zeit an Gebäuden, der Sonne auf einem Gesicht? Die Kamera hilft uns, genauer zu beobachten und wahrzunehmen.

Begegnungen und Geschichten

Eine Bereicherung im Leben sind Begegnungen und Geschichten von Menschen. Einen Menschen auf der Straße zu fotografieren kann eine ganz kurze Begegnung sein, manchmal auch ohne Worte. Oft beinhalten diese Begegnungen zumindest ein kleines Gespräch und manchmal sogar eine etwas längere Unterhaltung. Ein Einblick in das Leben eines Fremden, eine Geschichte, eine Inspiration vielleicht.

Das Verständnis für Menschen und die Offenheit gegenüber Fremden wächst, wenn wir es schaffen, über den eigenen Schatten zu springen und uns für das Unbekannte öffnen. Durch das Fotografieren entsteht eine kurze, positive Verbindung. (Es sei denn, man trifft auf jemanden, der negativ auf uns und unsere Kamera reagiert. Das sind die Ablehnungen, an denen wir uns überall im Leben reiben.)

Seine eigene Hemmschwelle überwinden, mit komplett fremden Menschen ins Gespräch kommen und einen gemeinsamen Faden finden ist ein Training für alle Lebenslagen. Die Kamera ist dafür eine wunderbares Kommunikationsmittel.

Dein Freund – das Fremde

Das unangenehme Gefühl, etwas zu sehen, etwas zu machen, was ich nicht sehen oder machen sollte, spielt immer mit bei Street Photography. Wie kann ich diesen einen Moment aufsaugen, der eigentlich die Privatsphäre eines fremden Menschen ist? Trete ich ihnen zu nahe, auch wenn ich weit entfernt stehe, wenn ich “ihren” Moment mit der Kamera festhalte?

Joel Meyerowitz beschreibt es so: “Du musst dir sozusagen “Partner” auf der Straße suchen, Menschen, die eigentlich nicht wissen, dass du sie fotografierst. Du bewegst dich für einen Moment in ihr Leben und dann gleich wieder heraus, während du ihren Lebensmoment nutzt für ein Bild, das für dich ist.”

Deine Selbstzweifel – Der Auslöser

“Wenn du auf den Auslöser der Kamera drückst, dann ist das nicht einfach ein Knopf, den du drückst. Du gehst tiefer in deine Psychologie hinein, berührst deine Selbstzweifel über dein Umfeld, das Subjekt, die Regeln und unbekannte Faktoren.” So beschreibt Sir Don McCullin den Vorgang des Fotografierens in den Straßen. Der britische Fotojournalist ist weltweit bekannt für seine Kriegsfotografie und Street Photography,

Auf der anderen Seite hilft das „unendliche“ Laufen durch eine Stadt, das sich treiben lassen und das Beobachten, seinen Stresslevel zu reduzieren. Runter zu kommen. Die Selbstzweifel überwinden, indem wir immer wieder die Kamera hochheben und auf den Auslöser drücken. Der kreativen Seele freien Lauf lassen und nicht den Regeln folgen, was gerade bei der Street Photography wunderbar funktioniert.

Dein Impuls – deine Chance

“Wenn sich mir etwas offenbart, mir einen Impuls gibt, dann hebe ich die Kamera und drücke auf den Auslöser. Ohne zu zögern, ohne nachzudenken”, beschreibt der bekannte Fotograf Joel Meyerowitz seine Street Photography. “Das ist Fotografie. Den Bruchteil eines Momentes festhalten.” Jeder Moment im Leben, jeder Augenblick auf der Welt existiert genau ein Mal. Die Fotografie bietet uns die Chance, Momente für die Zukunft festzuhalten. Für uns selbst, für andere, für die Nachwelt.

Wann weiß ich, dass ich ein Foto machen möchte oder soll? Aufmerksam die Straßen entlanggehen, bewusst hinschauen und beobachten. Eine Gabe, die uns heute fast verloren gegangen ist. Bei achtsamer Street Photography erleben und sehen wir Lebensmomente, sehen wir “Bilder”, die wir beobachten, vielleicht analysieren, aus denen wir lernen. Daraus lernen wir „vorauszusehen“, die Entfaltung von Situationen zu erkennen, bevor sie geschehen. Dann sind wir bereit mit der Kamera, den entscheidenden Moment festzuhalten. So üben wir auch, gefährliche Situationen früh genug zu erkennen, ob im Straßenleben oder bei der Arbeit.

Dein Seelenheil – Street Photography

„Ich dachte, alle Formen der Fotografie sind gut für die Seele. Je mehr ich darüber nachdenke stelle ich fest, dass eigentlich insbesondere die Street Photography eine sehr demokratische, offene und Seelenheil bringende Art der Fotografie ist“, beschreibt Eric Kim, hervorragender Street Photographer aus jüngster Zeit. Mit Street Photography bewegen wir uns frei durch Orte und Städte, gehen auf Entdeckungsreise, interagieren mit fremden Menschen und sind nicht abhängig von Modellen oder Technik.

Elliott Erwitt, der amerikanische Werbe- und Dokumentarfotograf, bekannt für seine Schwarz-Weiß Fotografie ikonischer und absurder Situationen des täglichen Lebens, sagt:

„To me, photography is an art of observation. It’s about finding something interesting in an ordinary place…I’ve found it has little to do with the things you see and everything to do with the way you see them.“

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Claudia BroseSechs Gründe für Streetphotography

1 comment

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  • Peter - 25. Oktober 2021 reply

    Schöne Zusammenfassung und Zitate, Claudia !
    Da bekommt man gleich Lust, wieder mal loszugehen 🙂
    Gruß Peter

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